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  • AutorenbildHeike Piehler

Claudia Borowsky in March


Mit Claudia Borowsky hat der Kunstverein eine Repräsentantin der jüngeren Künstlergeneration nach March eingeladen. Sie hat erst im vergangenen Jahr ihr Diplom in Bildhauerei an der Edith Maryon Kunstschule in Freiburg-Munzingen gemacht, und doch zeugen ihre Werke von einem individuellen und ausgereiften Stil.

Claudia Borowsky erschafft Geschöpfe, so ließe sich ihr Werk zusammenfassen. Ihre Figuren und embryonalen Wesen formen sich in gewisser Weise unter ihren Händen von selbst, „sie tauchen auf“, wie sie selbst sagt. Wenn sie Papier zu Gesichtern formt, weisen diese charakteristische Gesichtszüge auf, die Physiognomie von Männern oder Frauen, Älteren oder Jüngeren, aus verschiedenen Ethnien und mit verschiedenen Empfindungen. Nur mit ihren Fingern knickt und schiebt sie das Papier, ohne es zu zerreißen, zu zerschneiden oder nass zu machen. Wenn Claudia Borowsky plastisch arbeitet, dann greifen ihre manuellen Fertigkeiten, ihre bildhauerische Imagination, die physikalischen Eigenschaften und Grenzen des Materials und auch ein Quäntchen Zufall ineinander.

Begonnen hat der für sie so typische Prozess des "Auftauchens“ menschlicher Formen während ihres Studiums bei Experimenten mit Teigmasse, etwa mit Hefeteig. Später wechselte die Bildhauerin ihr Material und studiert seitdem das Verhalten schwerer Betonmasse, die sie teils in sich selbst verdreht und teils mit dem dünnen Nylongewebe von Feinstrumpfhosen umhüllt, es ineinander verwindet und intuitiv formt. Im Entstehungsprozess verwachsen diese so unterschiedlichen Materialien regelrecht miteinander, durchdringt der Beton das Gewebe, bildet weiche, runde Formen aus.

In ihrer Installation Ur (2018) verweist der Titel auf den Ur-Sprung der Formwerdung, auf den Moment, in dem sich eine Form auszuprägen beginnt, dem Formlosen, Informellen entwächst. Wie Frühformen des Organischen können die Plastiken betrachtet werden, wie eine früh-embryonale Entwicklungsstufe. So erscheint der nächste Schritt geradezu zwingend: die Gestaltung von Embryos und Neugeborenen, die ihre Ausstellung bevölkern, in sich selbst versunken und offenkundig noch nicht in der Welt „draußen“ angekommen. Manche ihrer Figuren bettet sie in eine amorphe Masse, die sich wie ein Kissen weich an die kleinen Körper anschmiegt, wie Teig.

„als ich wie ein Vogel war“ lautet der Titel der Ausstellung. Es ist zugleich der Titel einer Babyfigur (als ich wie ein Vogel war I, 2018), und es ist der Titel eines Liedes von Klaus Renft aus den 1970er Jahren des DDR-Rock, rebellisch. „Ohne Stimme flog ich fort, als schon alles schlief“, heißt es darin. Claudia Borowsky hat das Baby in einer schlafenden Position geformt, träumend.

Claudia Borowsky – "als ich wie ein Vogel war" | Ausstellung im Alten Pfarrhaus, Am Felsenkeller 4, 79232 March-Hugstetten

Vernissage: Fr. 20. Sept. 2019, 19 Uhr | Einführung: Dr. Heike Piehler

Ausstellung bis 13. Oktober 2019 | Sa. 16 - 18 Uhr, So. 11 - 17 Uhr

Bild: Claudia Borowsky, 225cm² I, 2018, Papier, 10 x 8 x 6 cm


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