Heike Piehler
Banana Facts in Staufen
"Banana Facts" – der Titel erscheint auf den ersten Blick humorvoll und fast lapidar, doch die Ausstellung entpuppt sich rasch als tiefgründig, kritisch, satirisch. Hier ist nichts vordergründig, und nichts ist „banane“! Zu Gast sind der Kölner Künstler Thomas Baumgärtel, alias „Der Bananensprayer“, der als einer der wichtigsten Künstler der internationalen Urban Art gilt, und Marcin Berdyszak, der seit 2005 eine Professur für Bildende Kunst an der Kunstakademie (seit 2010 Universität) in Posen innehat. Die Vernissage ist am 31. Januar in der Galerie K in Staufen, die Ausstellung läuft bis zum 29. März 2020. (Nachtrag: Die Ausstellungszeit wurde wegen Corona bis zum 1. Juni 2020 verlängert, Infos siehe galerie-k.art).
Für beide Künstler ist die Banane das Ausdrucksmittel ihrer Wahl – ihr wichtigstes Motiv, das jeweils ihr Gesamtwerk prägt und das daher untrennbar mit ihrer künstlerischen Identität verbunden ist. Beide Künstler spielen mit der Ambivalenz widersprüchlicher Bedeutungen, greifen ganz konkret zur Banane und schaffen Banana-Facts, die letztlich Aussagen zu zentralen gesellschaftlichen Entwicklungen und zu den großen Fragen der Politik liefern.
Selbstironisch betrachtet Marcin Berdyszak die Banane als "die Frucht seines Nachdenkens". In seinen Werken, in denen die Bananenfarben Gelb und Schwarz dominieren, bringt er eine existentielle Symbolik zum Ausdruck: Gelb steht für die frische Banane und das gesunde Leben. Der Stiel verfärbt sich als erstes schwarz, wenn die Banane überreif wird, und so repräsentiert Schwarz den Zersetzungsprozess und letztlich den Tod. Die größte Arbeit in der Ausstellung trägt den Titel Black Mail (2012), hierfür hat Berdyszak 100 Bananen in militärische Tarnkleidung gehüllt und mit einem Stacheldraht in Form eines Briefumschlags umrahmt. Diese Post möchte keiner gern lesen, sie verheißt nichts Gutes. In seinen Werken wirft er einen kritischen Blick auf die Gesellschaft, der durch das Motiv der Banane in dadaistisch-absurder Weise gebrochen wird. Die Plastikbananen, mit denen Polen in den 1980er Jahren regelrecht überschwemmt wurde, verkörpern für ihn den totalen Werteverfall und letztlich die Sinnlosigkeit unseres Handelns: „Die Plastikbanane ist nichts.“ Also alles „banane“ – auch wenn es diesen Begriff so im Polnischen nicht gibt.
Auch Thomas Baumgärtel nimmt in seinen Werken unverkennbar die gesellschaftlichen Entwicklungen bzw. Fehl-Entwicklungen ins Visier. Sein erstes Bananen-Werk hat er 1983 während seiner Zivildienstzeit in einem katholischen Krankenhaus gefertigt. Über jedem Krankenbett hing ein Kruzifix, und als eines einmal auf den Boden fiel und die Porzellan-Jesusfigur zerbrach, hat er stattdessen seine geschälte Frühstücksbanane auf die Nägel gedrückt: „Das kam gut an!“. An diesem Tag habe er beschlossen, Künstler zu werden. Der Queen hat er eine Bananenkrone aufgesetzt und ihr ein blaues Auge verpasst, seinem Trump-Portrait mit der Physiognomie eines Affenkopfes eine Banane in den Mund gesteckt. Selbst die Friedenstaube ist unverkennbar aus einer Banane geformt, wobei ihr rechter Flügel in den schwarzen Bananenstiel übergeht - ein irritierendes Motiv, das sich in zahlreichen seiner Werke wiederfindet und mal an die Form einer Hand, mal an eine Kleinwaffe erinnert. Baumgärtel spielt mit widersprüchlichen Bedeutungen und überlässt letztlich die Deutungshoheit dem Betrachter.
Banana Facts – Thomas Baumgärtel & Marcin Berdyszak | Ausstellung in der Galerie K, Ballrechter Straße 19, 79219 Staufen
Vernissage: Fr. 31. Januar 2020, 19 Uhr | Einführung: Dr. Heike Piehler
Ausstellung bis 29. März 2020 - Verlängert! | Do. - So. & Feiertage 15 - 18 Uhr, oder nach Vereinbarung
Nachtrag: Die Ausstellungszeit wurde wegen Corona bis zum 1. Juni 2020 verlängert, Infos siehe galerie-k.art
Bild: Thomas Baumgärtel, Evolution, 2018, Spraylack auf Metall, 41 x 58 x 10,5 cm (in Zusammenarbeit mit Peter Rademacher)
